
* 1931 in Köthen, Sachsen-Anhalt
+ tödlich verunglückt im Juli 2007 in Radolfzell-Möggingen
Gerhard Thielcke war:
- ein ideenreicher Verhaltensforscher,
- ein einflussreicher Buchautor und begeisternder Wissensvermittler,
- drei Jahrzehnte lang die Stimme des Naturschutzes am Bodensee und in Deutschland,
- ein einfallsreicher Verbandsgründer und Organisator,
- ein humorvoller, motivierender Mensch,
- hier zu Hause: seit 1962 lebte er mit seiner Familie in Möggingen.
Stationen seines Lebens:
- In Köthen an der Elbe 1931 geboren und aufgewachsen.
- Mit 20 Jahren: Vogelwart auf der Nordseeinsel Scharhörn.
- Nach einer Gärtnerlehre Studium der Zoologie in Freiburg und Tübingen.
- Ab 1962 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Vogelwarte Möggingen, heute Max-Planck-Institut für Ornithologie, Radolfzell
- 1975 gründete er den Bundesverband des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und baute ab 1976 die Deutsche Umwelthilfe (DUH) auf. Beide Verbände haben seit Jahrzehnten große Geschäftsstellen in Radolfzell - der BUND in Möggingen, die Deutsche Umwelthilfe im RIZ.
- 1978: Veröffentlichung des Buches „Rettet die Vögel“. Es führte monatelang die Bestsellerlisten des SPIEGEL-Magazins an und motivierte viele Menschen, im Naturschutz aktiv zu werden.
- 1987 gründete er die Stiftung Europäisches Naturerbe (EURONATUR), Geschäftsstelle in Radolfzell.
- Seit 1985 Professur an der Universität Konstanz
- 1997: Gründer und Präsident des weltweit tätigen Verbands Global Nature Fund (GNF), mit Sitz in Radolfzell im RIZ.
Gerhard Thielcke mit der damaligen Bundesumweltministerin und heutigen Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel im Europäischen Naturschutzjahr 1995. Auszeichnung der späteren Bodensee-Stiftung als "Projekt des Monats".
Aktivitäten mit erheblichen Auswirkungen:
- Erste wissenschaftliche Untersuchungen über Ursachen des Rückgangs der Vögel in Deutschland: 1969
- Verfasser der ersten Roten Liste (Vögel) in Deutschland: 1971
- Aktivitäten im BUND gegen die Anwendung von Pestiziden
- Kampagnen Rettet die Vögel, Rettet die Frösche, Mehr Natur in Dorf und Stadt, Natur ohne Grenzen, Lebendige Elbe, Lebendige Seen
Gerhard Thielcke und BUND-Hauptgeschäftsführer Wolfgang Friedrich, Möggingen, auf dem Weg zur Fütterung von Eisvögeln. 1979.
Erfolge zusammen mit vielen anderen:
- Verhinderung des Aufstaus des Bodensees
- Verbot des Pestizids Endrin in Deutschland
- Grundsätzliches Verbot von Pestiziden in Gärten in Baden-Württemberg
- Starke Reduzierung der Anwendung von Pestiziden
- Revolution in der Waldwirtschaft in Deutschland
- Revolution im Wasserbau in Deutschland
- Sicherung von 11.384 Quadratkilometern für den Naturschutz in Deutschland, Frankreich, Griechenland, Kroatien, Lettland, Litauen, Makedonien, Österreich, Polen, Rußland, Slowenien, Spanien, Südafrika, Ukraine und Ungarn
- Reduzierung der Jagd auf Vögel in Italien mit Hilfe von Gutachten, die vor Gericht ausschlaggebend waren
- Förderung des Umweltbewusstseins der Gemeinden mit dem Kommunalwettbewerb der Deutschen Umwelthilfe
- Wesentliche Verbesserungen für die Natur am Bodensee (Schutzgebiete, Bodensee-S-Bahn, Reduzierung des Herbizideinsatzes auf Bahngleisen)
- Renaturierung von Flüssen
- Umsetzung der Naturschutz-Richtlinien der EU in Deutschland.
Diese Wässerwiesen an der Radolfzeller Aach bei Beuren, ein wichtiges Rast- und Durchzugsgebiet für Wat- und Wasservögel, entstanden, weil Gerhard Thielcke durchgesetzt hatte, dass diese Wiesen als Ausgleich für einen Straßenbau der Natur zurück gegeben werden.
Typisch Gerhard Thielcke …
- Gerhard Thielcke forderte– und lebte – jahrzehntelang beides: Konsequentes Eintreten für Tiere, Pflanzen und deren Lebensräume und zugleich den Dialog mit Politik, Behörden und Unternehmen.
- Sein Ziel dabei: Wichtige Akteure zu überzeugen und so neue Möglichkeiten des Natur- und Umweltschutzes zu schaffen. Er reiste an einem Tag an das Donau-Nebenflüsschen Ablach, um Behörden und Bürgermeistern energisch klar zu machen, dass das Ausräumen des Flussbetts gleich gegen drei Gesetze verstößt. Am Tag darauf besprach er mit dem Verlagshaus Gruner + Jahr in Hamburg das Konzept zur gemeinsamen Durchführung eines internationalen Elbe-Badetags.
- Von seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern erwartete Gerhard Thielcke großes Engagement. „Ohne Fleiß - kein Preis“ war einer seiner Lieblingssprüche. Mit bestem Beispiel ging er voran und vermochte es, zu großen Leistungen zu motivieren. Mit einem freundlichen Wesen, einem Blick für das Wesentliche und der Neigung, seinem Personal viel Gestaltungsfreiheit zu lassen.
Gerhard Thielcke stellt der Presse eines seiner Bücher vor.
Ein wirkungsvoller Brief …
Zu Ostern 1988 brach an der Radolfzeller Aach ein Damm an einem Wehr. Der Fluss bildete eine wunderschöne Flussschlinge in einem Maisfeld. Viele Leute kamen, um dieses Naturwunder zu bestaunen. Die einen überlegten, wie der Dammbruch zu reparieren sei und die anderen, wie man die Flussschlinge erhalten könnte.
Gerhard Thielcke schrieb an das Wasserwirtschaftsamt: „Das Wehr ist zu Ostern gebrochen. Das war sicherlich ein Fingerzeig Gottes, dass der Fluss wieder arbeiten soll und Sie als christliche Verwaltung haben dem Rechnung zu tragen.“
Dieser Brief war der Start zu einem großen Fluss-Renaturierungsprojekt, das zum bundesweiten Vorbild wurde und bis heute Schritt für Schritt verwirklicht wird.
Heckrinder an der Radolfzeller Aach (bei Beuren). Die urtümlichen, robusten Viecher helfen bei der Landschaftspflege. Gerhard Thielcke hat für das erste Beweidungsprojekt mit Heckrindern am Bodensee gesorgt. Mittlerweile sind sie überall in Deutschland als Landschaftspfleger an der Arbeit.
Hier erfahren Sie mehr über ihn, sein Wirken oder seine Lebensstationen: